Donnerstag, 12. August 2010

Zum Aufwärmen 2010

Als der Blog-Betreiber den Beruf Arzt erwählte, war der Begriff „Gesundheitswirtschaft“ noch eine unbekannte Vokabel. Auch vom „Gesundheitsmarkt“ sprach noch kaum einer. Man wurde Arzt oder Krankenschwester, weil man in der Hilfe für Kranke eine Art Berufung sah und da man als Arzt sich auf ein gutes Einkommen und hohes Sozialprestige einrichten konnte. Die Krankenhäuser und ärztlichen Praxen waren die Orte, an denen man seiner „Berufung“ und auch gesellschaftlich notwendigen „Pflichten“ nachgehen konnte.

Am Krankenhaus sorgte seinerzeit ein Verwaltungsleiter für das Funktionieren des Rahmens hinsichtlich der baulichen und apparativen Investitionen des Hauses, der Beschaffung der Versorgungsgüter, der Personalverwaltung etc..
Chef oder „Direktor“ einer Klinik war immer ein Arzt – eben der Chefarzt, der den Verwaltungsleiter meist als notwendiges Übel ansah.
Man betreute seinerzeit noch ausschließlich „Patienten“.

Für das „Gesundheitswesen“ wurde inzwischen der Fortschritt der Medizin zum Fluch. Immer bessere und umfänglichere Behandlungsmethoden wurden entwickelt und mit dem stetigen, politisch gewollten Ausbau des Sozial- und Wohlfahrtsstaates, mit dem Versprechen, dass jedem alles Notwendige, besser: alles Mögliche zur Verfügung stehen muss, musste es zwangsläufig zu dem kommen, was gemeinhin als „Kostenexplosion“ bezeichnet wird. Die Schere zwischen den Kosten der sozialstaatlich gestützten Ansprüche und dem Beitragsaufkommen der Versicherten ging immer weiter auf.
Dazu kam, dass besonders die fast ausschließlich staatlich geführten Krankenhäuser immer defizitärer wurden.
Wie das zu erklären ist, ist einen eigenen Beitrag wert.
Zur Rettung oder Verbesserung der Situation kam endlich die „Ökonomie“ ins Spiel. Man erkannte, dass in den Häusern anders gewirtschaftet werden muss und betriebswirtschaftliches Know-How - auch bei den Ärzten - vonnöten ist. Was im Grunde überhaupt nicht verkehrt sein kann.
Man glaubte, dass dies auch unter etatistischer oder bürokratischer Ägide möglich ist. Wenn man nur entsprechend ausgebildete Leute an die Spitze der Häuser stellt. Den politischen Einfluss als Rat oder Bürgermeister auf seine Einrichtung mochte man aber noch nicht aufgeben.
Man musste dann feststellen, dass privatwirtschaftlich oder auch frei-gemeinnützig geführte Kliniken doch besser wirtschafteten. Gerade unter dem Zwang, dass diese sich nicht auf den steten Zufluss aus öffentlichen Haushalten, sprich Steuergeldern, verlassen konnten.
Mit all dem, was da an betriebswirtschaftlichen Unzulänglichkeiten angehäuft wurde, kam es schließlich zu der Entwicklung, dass auch Krankenhäuser insolvent wurden, Pleite gingen oder aktuell Pleite zu werden drohen.
Die Lösung versprechen jetzt private Klinik-Unternehmen, welche nach und nach den ganzen Krankenhaus-Markt umkrempelen.
War vor 20 bis 30 Jahren der Bereich der privaten Träger noch unbedeutend, so beträgt der Anteil der privat geführten Krankenhäuser etwa ein Drittel. Den Markt der Akut-Häuser teilen sich in Deutschland praktisch nur vier bis fünf große Unternehmen unter sich auf.

Seit die „Ökonomie“ ins Krankenhaus Einzug gehalten hat, gibt es keine Patienten mehr, sondern „Kunden“ und „Konsumenten“. Gesundheit ist also auch etwas zum „konsumieren“.
„Klinikchef“ ist ein Betriebswirtschaftler, am besten ein „Master of Business Administration“ und die nennen sich jetzt durchweg „Kaufmännische Direktoren“ vulgo „Krankenhaus-Chef“. Die „Oberschwester“ wurde durch die „Pflege-Managerin“ oder „Pflegedirektorin“ abgelöst, der Hausmeister wurde zum „Facility Manager“.
Schöne neue Welt!

Trotz (oder wegen) aller Ökonomie sind die Beteiligten aber unzufrieden. Die „Kunden“ wie die Klinikchefs. Letztere wegen des Geizes und bürokratischer Fährnisse durch die Kostenträger (Krankenkassen). Die Patienten wegen der Versorgung.
Laut einer Studie eines Beratungsunternehmens im Gesundheitswesen wird das deutsche Gesundheitssystem lediglich von 17 Prozent der Befragten mit "sehr gut" oder "gut" beurteilt. Besonders mit der Infrastruktur und Informationstechnologie medizinischer Einrichtungen sind die Deutschen zufrieden. Verbesserungsbedarf besteht laut Studie vor allem bei Zugang und Wartezeiten für Behandlungen.
Anderen Untersuchungen zufolge sind aber die Deutschen Weltmeister in der Inanspruchnahme von medizinischen oder ärztlichen Leistung, wobei nicht bekannt ist, dass der Gesundheitszustand der Deutschen im selben Prozentmaß schlechter wäre, als der in Vergleichsländern.

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